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Bewegung

Wie viel Bewegung braucht unser Retrieverwelpe? 
 
Ausgehend vom Urahnen Wolf sollte man sich vor Augen halten, dass der Junghund erst etwa im Alter von 8 bis 9 Monaten beginnt, das Rudel auf größeren Streifzügen zu begleiten. Bis dahin besteht der Tagesablauf aus kurzen Bewegungsintervallen mit größeren Schlaf- und Ruhepausen. Unsere Welpen hingegen werden (ganz anders als der Wolf) mit hoch kalorischem (sehr energiereichem) Futter ernährt und geraten daher oft in einen erheblichen Energieüberschuss und Bewegungsdrang, den der Besitzer nur mit ausgiebigen Spaziergängen zu befriedigen können glaubt. Dies führt in einen Teufelskreis, da der Junghund durch viel Bewegung natürlich immer bessere Kondition erhält, sprich, immer längere Spaziergänge benötigt, damit er endlich mal müde ist. Es gibt tatsächlich Hundebesitzer, die mit einem 6 Monate alten, 34 kg schweren Labrador-Junghund täglich 3-mal eine Stunde spazieren gehen und zusätzlich eine Stunde "Spielgruppe" erlauben (damit sich der Kleine auch ordentlich sozialisiert).
 
Die Kombination "gute" Fütterung (häufig gleichzusetzen mit Übergewicht) und viel zu starke körperliche Beanspruchung ist allerdings mit ein Grund dafür, dass sich bei großwüchsigen Rassen in diesem Alter degenerative Gelenksprobleme (HD/ED/OCD) entwickeln, die dem Hund ein Leben lang Problem bescheren können. Hier das richtige Maß zu finden, stellt für viele Besitzer ein großes Problem dar. Natürlich gibt es auch keine Pauschalregeln wie 5, 15 ,oder 30 Minuten. Schon gar nicht kann man auf den Hund hören nach dem Motto "der weiß schon, wann er genug hat..."; denn die meisten Welpen werden durch ihren Spieltrieb, ihr Temperament u. a. dazu getrieben, sich weit über ihre eigentliche Belastungsgrenze hinaus anzustrengen.
 
In jedem Falle gilt aber, dass man einen Hund (großwüchsiger Rassen mit Tendenz zu Gelenksproblemen) bis zu 12 Monaten eigentlich nicht zu wenig, sondern nur zu viel bewegen kann. Den Einwand, ein Welpe müsste sich schließlich sozialisieren und hierfür wären ausgiebige Welpenspielstunden geradezu ideal, kann man mit Blick auf die Entwicklungsphasen eines Welpen getrost vergessen, da sich in puncto Sozialisierung nach der 16. Woche nicht mehr viel tut. Das Einschränken dieser auf Hundeplätzen weit verbreiteten "Tobe-Orgien" muss auch nicht bedeuten, dem Junghund jeglichen Kontakt mit anderen Hunden zu verbieten. Allerdings sollte dieser dosiert und durchdacht erfolgen und nicht hauptsächlich dazu dienen, dass Herrchen und Frauchen in Ruhe den neuesten Klatsch austauschen können. Umfangreiche wissenschaftliche Studien zum Thema HD/ED haben gezeigt, dass man sogar bei genetisch schlecht veranlagten Hunde durch strikte Bewegungseinschränkung in Kombination mit entsprechender Fütterung die Entwicklung von Gelenksproblemen verhindern oder zumindest stark reduzieren kann.
 
Dass dies ein großes Problem in Hinsicht auf die spätere Selektion von Zuchttieren darstellt, also aus einem schlechten Genotyp ein viel besserer Phänotyp gemacht werden kann, steht auf einem anderen Blatt und wird den "Normalbesitzer", dem es in der Regel um das Wohl seines gerade erworbenen Individuums geht, auch nicht interessieren.
 
Kurz: Die meisten Welpen großwüchsiger Rassen werden von ihren Besitzern im 1. Lebensjahr in puncto Bewegung unwissentlich massiv überbeansprucht. Ich persönlich halte einen 20-minütigen, flotten Spaziergang im ersten Lebensjahr schon eher für lang.

© Dr. med. vet. Susanne Wisniewski